Eine Welt - Viele Karten


Die Erde ist eine Kugel, für jeden der dies nicht glaubt (*hust* "flat-earth-society" *hust*) wird dieser Beitrag provozierend wirken. Aber Spaß beiseite, wir von Wintini werden oft damit konfrontiert, dass unsere Weltkarten mit LED Beleuchtung nicht der Realität entsprechend wären. Leider habt ihr damit recht, aber die oben genannte Tatsache, dass die Erde eine Kugel ist verleiht alleine einem Globus das Privileg unsere Welt richtig abzubilden. Daraus folgt, dass es unmöglich ist die Erde zweidimensional abzubilden. Im folgenden will ich darauf näher eingehen.

 


 

Nun ist aber recht unpraktisch zum Beispiel zur Navigation einen Globus in ausreichender Größe zu verwenden, da ist es unumgänglich eine zweidimensionale Abbildung zu schaffen. Das erkannte man bereits vor hunderten von Jahren, ebenso erkannte man sofort, dass es nicht "die" richtige Abbildung gibt. Vielmehr gilt es für den jeweiligen Zweck die beste Karte zu finden. So entstanden über die Jahrhunderte viele verschiedene Karten und noch heute wird daran geforscht ein Ideal zu finden. Grundsätzlich gilt aber eine 2D Abbildung kann entweder Flächentreu, Winkeltreu oder Längentreu sein, aber niemals alles gleichzeitig.

 

Du kannst dir das nicht Vorstellen oder glaubst es nicht? Hier ein (Gedanken-) Experiment:

Nimm eine Mandarine und zeichne auf die Schale ein beliebig schönes Muster, am besten rundherum. Nun Schäle die Mandarine so ab, dass du möglichst wenig Risse in der Schale hast. Iss die Mandarine (gehört nicht zwingend zum Experiment). Jetzt lege die Schale flach auf den Tisch und versuche es so hinzubekommen, dass dein Muster exakt gleich aussieht wie vorher.

 

Da dieser Punkt nun geklärt ist, will ich zwei übliche Karten darstellen und deren Besonderheiten kurz erläutern:

Mercator

vs.

Gall-Peters


By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0], via map-projections.net
By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0], via map-projections.net
By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0], via map-projections.net
By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0], via map-projections.net

Es ist doch erstaunlich das zwei Abbildung so verschieden sein können und trotzdem beide gleich richtig (ähm... oder gleich falsch??) sind. Was macht nun die jeweilige Abbildung aus? 

 

Die Mercator Projektion (Projektion nennt man den Vorgang den Globus (3D) in eine Karte (2D) umzuwandeln) ist eine Winkeltreue Abbildung und wohl die am meisten verwendete. Die Projektion ist nach dem Kartograf Gerhard Mercator benannt, der eine solche Karte ca. Mitte des 16. Jh. zum Zwecke der Navigation (Schifffahrt) veröffentlichte. Wie oben beschrieben resultiert aus der Winkeltreue eine Flächen- und Längenuntreue. 

Winkeltreu bedeutet vereinfacht, dass ein rechter Winkel in der Realität (am Boden - auf der Erde) auch ein rechter Winkel in der Karte ist. Ziemlich praktisch für den Einsatzzweck der Navigation oder? Der Wermutstropfen ist jedoch das Flächen immer mehr vergrößert werden wenn sie weiter im Norden bzw. im Süden liegen. Grönland und Afrika werden hier Flächenmäßig ähnlich abgebildet obwohl die Fläche Grönlands nur ein vierzehntel (kein Tippfehler!) der Fläche von Afrika entspricht. 

 

Was kann "Gall - Peters" dagegen bieten? Diese Projektion ist ein Beispiel für eine Flächentreue Abbildung der Erde. D.h. ein Quadratmeter egal wo auf der Erde wird gleich groß in der Karte dargestellt (man beachte bitte das Verhältnis von Grönland und Afrika!). Veröffentlicht wurde diese Karte erst in den siebziger Jahren des 20. Jh. Entwickelt wurde die Karte unter anderem, da die Mercator-Projektion die Proportionen der nördliche Hemisphäre zuungunsten Afrikas verzerrt. Mercator wird hier oft eine  beabsichtigte Bevorteilung Europas unterstellt, obwohl dieser bei der Veröffentlichung bereits ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass diese Abbildung nur für Seefahrer zu gebrauchen ist  und nicht als geographisches Material. Inzwischen gibt es zahlreiche Weiterentwicklungen der Gall-Peters Projektion die bei gleicher Flächentreue wesentlich Verzerrungsärmer sind, dafür wird die rechteckige Grundfläche verlassen.

 

Jetzt nochmal eine deutliche Veranschaulichung mittels tissotscher Indikatrix. Klingt komplizierter als es ist. Die tissotsche Indikatrix dient dazu die oben genannten Eigenschaften (Winkeltreue, Flächentreue, ...) einer Projektion zu veranschaulichen. Dazu werden gleich große Kreise auf verschiedene Stellen an der Oberfläche eines Globus  gezeichnet und dann in der zweidimensionalen Abbildung dargestellt. Das Ideale Ergebnis wären wieder gleich große (runde) Kreise.

 

By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0], via map-projections.net
By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0], via map-projections.net
Von Stefan Kühn - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
Von Stefan Kühn - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0], via map-projections.net
By Tobias Jung [CC BY-SA 4.0], via map-projections.net

 

Warum haben wir uns für die Mercator-Projektion bei unseren Weltkarten mit LED Beleuchtung entschieden? 

Zum einen wollten wir nicht die rechteckige Grundform verlassen, zum anderen sollten alle Länder eindeutig erkennbar sein. Bei der Gall-Peters Projektion wäre es zum Beispiel unmöglich gewesen bei Grönland oder im Norden Amerikas noch eine Beleuchtung zu realisieren. Zudem wird die Mercator-Projektion seit Jahrhunderten verwendet (bis vor wenigen Jahren noch bei der größten Suchmaschine) und konnte in vielen Bereichen immer noch nicht ersetzt werden. Außerdem fasziniert es mich, mir auszudenken, durch welche großen Abenteuer mit dieser Karte vor Jahrhunderten navigiert wurde...